Halsschmerzen: Im Alltag
Halsschmerzen in der Stillzeit
Die Nationale Stillkommission im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, basierend auf den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), eine (Mindest-) Stilldauer von sechs Monaten. Muttermilch wird als das beste Nahrungsmittel für Säuglinge betrachtet[1]. Über die Muttermilch erhält der Säugling alle lebensnotwendigen Nährstoffe sowie unter anderem auch Substanzen, die die körpereigene Abwehr gegen Krankheisterreger stärken (Antikörper und Immunzellen). Die Muttermilch ist im Grunde ein Filtrat aus dem mütterlichen Blut. Daher können auch von der Mutter aufgenommene Giftstoffe, die in das mütterliche Blut wie beispielsweise Alkohol übergehen, auf den Säugling mit der Muttermilch beim Stillen übertragen werden und schadhafte Wirkungen entfalten. Ebenso wie Alkohol können auch Medikamentenwirkstoffe in die Muttermilch übergehen. Ein Säugling wiegt nur wenige Kilogramm und bietet damit viel weniger Verteilungsfläche für Medikamentenwirkstoffe als ein Erwachsener mit ca. 70 Kilogramm Körpermasse. Aus diesem Grund reichen bereits sehr kleine Mengen, um Wirkungen auf den Säugling zu verursachen. Je nach Wirkstoff kann es beim Säugling unter Umständen zu Erbrechen, Organschäden oder auch Bewusstseinsstörungen kommen. Daher ist beim Einsatz von Medikamenten in der Stillzeit Vorsicht geboten und ein Arzt sollte konsultiert werden.[2]
Ursachen von Halsschmerzen in der Stillzeit
Halsschmerzen treten am häufigsten im Rahmen von Erkältungsinfekten auf und sind Zeichen einer Entzündung des Rachens (Pharyngitis). Auslöser für Erkältungsinfekte sind in etwa drei Viertel der Fälle Viren wie Rhino- oder Adenoviren. Seltener verursachen Bakterien wie Streptokokken oder zum Beispiel Moraxellen eine Erkältung, dann teils auch mit sehr starken Halsschmerzen. Neben Halsschmerzen treten auch häufig Schnupfen (Rhinitis), Kopfschmerzen (Cephalgie) oder Husten (Tussis) auf. Möglicherweise geht eine Erkältung auch mit einer Körpertemperatur größer oder gleich 38°C, also Fieber, einher. Viral bedingte Erkältungen mit Halsschmerzen können meist nicht ursächlich (direkt gegen die Viren) behandelt werden. Stattdessen stehen zur zeitweiligen Linderung der Symptome verschiedene allgemeine Maßnahmen, schonende Hausmittel sowie schulmedizinische Wirkstoffe, die auch in der Stillzeit erprobt sind, zur Verfügung.[3]
Behandlung von Halsschmerzen in der Stillzeit
Allgemeine Maßnahmen
Viel Trinken
Die Therapie der ersten Wahl bei Halsschmerzen in der Stillzeit ist eine reichliche und stetige Flüssigkeitszufuhr. Zur reibungslosen, normalen Funktion der Atemwege, muss die Atemwegsschleimhaut feucht sein. Nur so können die dort ansässigen Zellen optimal funktionieren und auch bereits eingedrungene Erreger bekämpfen. Zudem ist die Feuchtigkeit wichtig, um produzierten Schleim mit Antikörpern (IgA) gegen Viren und Bakterien fließfähig zu halten. Schleimhäute reagieren mit Schwellung und Schmerz auf Trockenheit.
Täglich sollten mindestens ungefähr zwei bis drei Liter Flüssigkeit getrunken werden. Zudem sollte auch auf eine relative Luftfeuchtigkeit um etwa 60% geachtet werden. Ein feuchtes Handtuch über einem Heizkörper oder ein automatischer Luftbefeuchter können eine zu trockene Raumluft mit Wasserdampf anreichern.[4]
Hausmittel
Erkältungstees
Zum einen liefern Tees generell wichtige Flüssigkeit, die die Barrierefunktion der Atemwegsschleimhäute stärkt. Zum anderen enthalten bestimmte Pflanzenteile ausgewählter Blühpflanzen und Kräuter wichtige Naturstoffe, die bei Halsschmerzen lindernd wirken können. Die Wurzel des Malvengewächses Eibisch, auch Hibiskus genannt (Althaea officinalis), enthält langkettige Zuckerstoffe (Glucane u.a.), die sich als Schutzfilm auf die gereizte Schleimhaut des Halses legen[5]. Efeu (Hedera helix) enthält unter anderem die chemische Substanz alpha-Hederin und dient zur Entkrampfung der gereizten Atemwegsschleimhaut.[6] Tees mit Thymian (Thymus vulgaris), bitterem Fenchel (Foeniculum vulgare) oder Schlüsselblume (Primula vulgaris, Primel) können besonders bei festsitzendem Schleim im Rachen Abhilfe leisten und diesen lockern.[7],[8] Erkältungstees können prinzipiell in beliebiger Menge getrunken werden.
Lutschtabletten
Lutschtabletten oder Halsbonbons regen einerseits den Speichelfluss aus den Speicheldrüsen des Mund-Rachen-Raumes (Oropharynx) an. Andererseits enthalten sie je nach Zutaten auch Wirkstoffe, die die gereizte Rachenschleimhaut beruhigen können. Klosterfrau Broncholind Halstabletten, Isla Moos Pastillen, Dallmann’s Isländisch Moos-Bonbons oder zum Beispiel Tetesept Halstabletten Isländisch Moos enthalten Wirkstoffe der Flechte Isländisch Moos (Cetraria islandica). Isländisch Moos ist reich an Glucanen, die die entzündete Rachenschleimhaut beruhigen können.[9]
Weitere hilfreiche Pflanzenstoffe kommen zum Beispiel in Lutschtabletten mit Cistus incanus vor, der graubehaarten Cistrose. Diese enthält entzündungshemmende Substanzen, die den Schmerz im Hals verringern können.[10] Auch Salbei oder Huflattich können gereizte Atemwege beruhigen. Halsbonbons verschiedener Anbieter sind in Apotheken wie auch Supermärkten erhältlich und können je nach Bedarf gelutscht werden. Bei Stoffwechselstörungen wie der Zuckerkrankheit, Diabetes mellitus, sollte auf zuckerfreie Bonbons geachtet werden.
Gurgeln
Ebenso wie eine hohe Luftfeuchtigkeit oder Teetrinken kann auch Gurgeln zur Feuchterhaltung der Rachenschleimhaut dienen. Am einfachsten ist das Gurgeln von lauwarmer Salzwasserlösung. Ein viertel Teelöffel Speisesalz kann in ein Glas Trinkwasser aufgelöst und ungefähr 20 Sekunden gegurgelt werden.[11]
Warme Halswickel
Warme Halswickel werden bereitet, indem man ein Baumwolltuch mit lauwarmem Wasser tränkt, wieder auswringt und es dann locker um den Hals wickelt. Dieser Wickel kann für ungefähr eine halbe Stunde getragen werden und dient dazu, zeitweilig ein wohliges Gefühl der Wärme zu erzeugen. Wickel können alternativ auch mit in ein Tuch eingeschlagenen, gestampften warmen Kartoffeln bereitet werden.
Medikamente
Ibuprofen
Ibuprofen hat fieber-, schmerz- und entzündungshemmende Eigenschaften. Es hemmt die Bildung von bestimmten Entzündungsbotenstoffen (Prostaglandine) und unterbricht damit die Aufrechterhaltung einer schmerzhaften Entzündung. Innerhalb von etwa einer halben Stunde entwickelt Ibuprofen seine Wirkung, die ungefähr vier bis sechs Stunden lang anhält. Sehr selten treten bei der Einnahme von Ibuprofen Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden oder Wassereinlagerungen (Ödeme) auf. Die Einnahme von Ibuprofen bei bekannten Nierenschäden oder Magenbeschwerden sollte mit einem Arzt besprochen werden.[12] In der Stillzeit ist Ibuprofen das zu bevorzugende Schmerzmittel. Bisher wurden keine schadhaften Wirkungen auf den Säugling bei Dosierung nach Beipackempfehlung beobachtet.[13]
Markennamen von Ibuprofen sind unter anderem Aktren, Esprenit, Imbun, Nurofen, Pedea oder Tabalon.
Lokale Schmerzmittel (Benzocain, Lidocain)
Die lokal, also direkt vor Ort wirksamen Schmerzmittel Benzocain oder Lidocain sind in Lutschtabletten wie Lemocin Halstabletten, Dobendan Strepsils, Neo Angin oder Dorithricin Lutschtabletten enthalten. Sie blockieren bestimmte schmerzvermittelnde Schaltstellen in der entzündeten Rachenschleimhaut und können so meist auch starke Halsschmerzen lindern. Bisher wurden keine schadhaften Einflüsse auf den gestillten Säugling bei empfohlenen Dosierungen beschrieben.[14]
Ambroxol
Ambroxol kann bestimmte schmerzvermittelnde Schaltstellen in der Rachenschleimhaut (spannungsgesteuerte Na+-Kanäle) stumm schalten und so Halsschmerzen lindern. Für die Einnahme von Ambroxol in der Stillzeit sind keine Unverträglichkeiten bei Säuglingen bekannt.[15] Aktuell (2015) enthalten ausschließlich Mucoangin Lutschtabletten in Deutschland den Wirkstoff Ambroxol gegen Halsschmerzen.
Antibiotika
Bei nachgewiesenen Bakterien aus einem Rachenabstrich oder dem strengen klinischen Verdacht auf eine bakterielle Infektion des Rachens sollten gegebenenfalls Antibiotika zum Einsatz kommen. Diese müssen individuell vom Arzt verschrieben werden. Die Wahl des Antibiotikums kann individuell unterschiedlich ausfallen. Häufig werden sogenannte Makrolid-Antibiotika wie Clarithromycin verschrieben. Dieses ist allgemein für gestillte Säuglinge gut verträglich. Selten kann es zu dünnem Stuhlgang beziehungsweise Durchfall kommen. Egal, welches Antibiotikum letztlich gewählt wird, die Einnahme sollte genau so erfolgen wie vom verordnenden Arzt empfohlen.[16]
Zu beachten
Halsschmerzen im Rahmen eines Erkältungsinfektes sind in der Regel selbstlimitierend, das heißt sie verschwinden innerhalb von etwa einer Woche auch ohne äußeres Zutun. Speziell in der Stillzeit sollte wegen möglicher Risiken für den gestillten Säugling auf möglichst schonende Therapieverfahren zurückgegriffen werden.
Beim Einsatz von Medikamenten in der Stillzeit sollte in jedem Fall ganz besonders aufmerksam auf den Stuhlgang, das Verhalten, die Wachheit beziehungsweise den Bewusstseinszustand des Säuglings geachtet werden. So kann bei eventuellen schadhaften Wirkungen auf den Säugling möglichst schnell reagiert werden.
Warnhinweise für die Stillende sind ein blutiger Auswurf bei Halsschmerzen, ein starkes allgemeines Krankheitsgefühl, sehr starke Schmerzen oder Fieber etwa über 38,5-39°C. Diese Zeichen sollten Anlass für eine schnelle Vorstellung beim Arzt geben. Wichtig ist auch ein aktueller und vollständiger Impfschutz der Stillenden, um bestimmten Erkältungskrankheiten vorzubeugen. Die gemachten Angaben sollen als Orientierungshilfe dienen, können jedoch den individuellen Rat eines Arztes nicht ersetzen.
Quellenangaben:
- „Empfehlungen zur Stilldauer - Einführung von Beikost“, http://www.bfr.bund.de/de/empfehlungen_zur_stilldauer___einfuehrung_von_beikost-54044.html, online 18.04.2015
- Willibald Pschyrembel et al.: Klinisches Wörterbuch. 262.; neu bearbeitete und erweiterte Auflage, de Gruyter 2004, S. 1371.
- R. Dolin et al.: Harrisons Innere Medizin. Häufige Virusinfektionen der Atemwege, , ABW Wissenschaftsverlag, Berlin 2012, S. 1596ff.
- Barbara Kandler-Schmitt: „Fünf Tipps gegen Halsweh“, http://www.apotheken-umschau.de/Erkaeltung/Fuenf-Tipps-gegen-Halsweh-101555.html, online 18.04.2015
- Martina Melzer: „Heilpflanzen-Lexikon: Eibisch, Eibischwurzel“,http://www.apotheken-umschau.de/heilpflanzen/eibisch, online 18.04.2014
- Martina Melzer: „Heilpflanzen-Lexikon: Efeu“, http://www.apotheken-umschau.de/heilpflanzen/eibisch, online 18.04.2014
- Martina Melzer: „Heilpflanzen-Lexikon: Schlüsselblume, Primelwurzel“, http://www.apotheken-umschau.de/heilpflanzen/eibisch, online 18.04.2014
- Dorothee Hahne: „Husten und Bronchitis: Thymianöl wirkt als Bronchikum“, Dtsch Arztebl 1999; 96(6): A-364 / B-291 / C-274, S. 56.
- Martina Melzer: „Isländisch Moos“, http://www.apotheken-umschau.de/heilpflanzen/islaendisch-moos, online 18.04.2015
- Kalus et al.: „Cistus incanus (CYSTUS052) for treating patients with infection of the upper respiratory tract: A prospective, randomised, placebo-controlled clinical study“,http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19828122, 18.04.2015
- Allan, M et al.: „Prevention and treatment of the common cold: making sense of the evidence“, http://www.6minutes.com.au/getmedia/671e07ee-d769-407e-b3b2-91e2605b12e9/treating-colds-paper.aspx (online 28.12.2014).
- Klaus Aktories et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 10., überarbeitete Auflage, Urban und Fischer 2009, S. 226ff.
- „Ibuprofen“, http://www.embryotox.de/ibuprofen.html, online 18.04.2015
- „Lidocain“, http://www.embryotox.de/lidocain.html, 18.04.2015
- „Ambroxol“, http://www.embryotox.de/ambroxol.html, online 18.04.2015
- „Clarithromycin“, http://www.embryotox.de/clarithromycin.html, online 18.04.2015
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Veröffentlicht durch: | Erkältet.info-Redaktion |
Erstellt am: | 30.01.2015 |
Zuletzt aktualisiert am: | 30.11.2015 |
Prüfzyklus: | jährlich |
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