- Die Wortherkunft der Erkältungssymptome
Das Vokabular der Alltagssprache ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Eine Erkältung heißt Erkältung, weil sie durch Kälte verursacht wird. Diesen irrtümlichen medizinischen Zusammenhang stellten bereits die alten Römer her. Seither wird er von Generation zu Generation überliefert und hält sich als hartnäckiger Mythos – nicht zuletzt durch die Zusammensetzung des Wortes „Erkältung“. Ein Blick ins etymologische Wörterbuch zeigt: Krankheiten wurden im Laufe der Menschheitsgeschichte nicht nur nach ihrer Ursache benannt, einige Namen beschreiben auch den Krankheitsverlauf oder kommen lautmalerisch zustande.
Bereits im Lateinischen wurden Erkältungssymptome fälschlicherweise mit Kälteeinwirkung in Verbindung gebracht.[1] Die Kombination von Husten, Schnupfen und Heiserkeit nannten die Römer perfrictio oder aber frigus. Während perfrictio tatsächlich mit „Erkältung“ übersetzt werden kann, bedeutet frigus etwas unspezifischer „Kälte“, „Winterkälte“, „Todeskälte“, „Schlaffheit“ oder „Angstschauer“. Die Wendung frigore tactum esse, wörtlich „an der Kälte leiden“, kann im Kontext darauf hinweisen, dass jemand sich eine lästige Erkältung eingefangen hat. Die sich aus dem Lateinischen entwickelnden romanischen Sprachen weisen denselben Begriffszusammenhang auf.[2][3]
Romanische Sprache |
„kalt“ |
„Erkältung“ |
„Grippe“ |
Italienisch | freddo | raffreddore | influenza |
Französisch | froid | refroidissement | grippe |
Spanisch | frío | resfriado | gripe |
Portugiesisch | frio | resfriamento | gripe |
Rumänisch | rece | răceală | gripă |
Eine Erkältung ist eine unspezifische Krankheitsbeschreibung, die mehrere Symptome kombiniert und bis heute umgangssprachlich häufig nicht von einer Grippe unterschieden wird, obwohl beide Erkrankungen von verschiedenen Erregern hervorgerufen werden, die dementsprechend unterschiedliche Symptome erzeugen. Eine Grippe verursacht Gliederschmerzen und hohes Fieber und kann im Gegensatz zu einer normal verlaufenden Erkältung im schlimmsten Fall zu einer Herzmuskelentzündung führen. Die Römer kannten kein Wort für „Grippe“. Die sich historisch später entwickelnden romanischen Sprachen dagegen unterscheiden beide Krankheitsbilder durchaus (s. Tabelle).
Im 19. Jahrhundert machten es sich Jacob und Wilhelm Grimm, die durch ihre Märchensammlung berühmt wurden, zur Aufgabe, alle bekannten Worte der deutschen Sprache in einem Wörterbuch zu sammeln. Dieses Wörterbuch, das „Deutsche Wörterbuch“ (DWB), wurde nach dem Tod der Gebrüder Grimm weitergeführt und gilt heute als das umfassendste, sprachwissenschaftliche Wörterbuch im deutschen Sprachraum. Dort lässt sich auch die Wortherkunft der Erkältungssymptome nachvollziehen. Das deutsche Wort „Grippe“ stammt nach Grimms Wörterbuch aus dem Französischen. Das französische Verb gripper bedeutet übersetzt „ergreifen“ oder „fassen“ und könnte auf die kurze Inkubationszeit und die rasche Verbreitung der Erkrankung hindeuten. Das Deutsche Wörterbuch weist außerdem auf die mögliche Ableitbarkeit vom russischen хрипота (chripota) für „Heiserkeit“, hin.
Der lautmalerische deutsche „Schnupfen“ dagegen entstammt dem späten Mittelhochdeutsch des 15. Jahrhunderts. Snupfe bedeutete damals so viel wie „Rotz“. Noch älter ist der Wortstamm des Wortes „Husten“. Schon die alten Germanen bezeichneten den unangenehmen Reflex als hvôsta. Die germanische Vokabel wurde dann im Mittelhochdeutschen tradiert und entwickelte sich bereits im 15. Jahrhundert zum modernen „Husten“. Heis oder Heisch ist ebenfalls Mittelhochdeutsch und bedeutet so viel wie „rau“ oder „unrein“. Der Wortstamm geht wahrscheinlich auf das germanische hais zurück und erklärt die Herkunft des heutigen Wortes „heiser“.[4][5]
Etymologen sind selten in der Lage, die historische Entwicklung eines modernen Wortes genau nachzuvollziehen. Durch Ähnlichkeiten im Wortstamm lassen sich Mutmaßungen über die Herkunft eines Wortes anstellen, es können allerdings fast nie zweifelsfreie Kausalitäten hergestellt werden. Die Entwicklung des Vokabulars für Krankheiten und Symptome verrät uns allerdings viel über den medizinischen Fortschritt im Laufe der Geschichte. Spezifische Krankheitsbezeichnungen lösen Umschreibungen für unspezifische Symptomansammlungen ab. Und eine genauere Beschreibung einer Erkrankung hilft Ärzten, Wissenschaftlichern und Patienten auch, sie besser zu verstehen und schließlich zu heilen.
Quellenangaben:
[1] Erkältet.info „Erkältung durch Nasse Haare?“: https://www.erkaeltet.info/erkaeltung/ursachen/nasse-haare/ 23.07.2015
[2] Pons Online Wörterbuch: http://de.pons.com/ 23.07.2015
[3] Wikipedia „Erkältung – Etymologische Aspekte“: https://de.wikipedia.org/wiki/Erk%C3%A4ltung#Etymologische_Aspekte 23.07.2015
[4] DWB Online, „Grippe“, „Husten“, „Schnupfen“, „Heiser“: http://dwb.uni-trier.de/de/ 23.07.2015
[5] Wissen.de Herkunftswörterbuch „Grippe“, „Schnupfen“, „Husten“, „heiser“: http://www.wissen.de/lexikonsuche/herkw/all 23.07.2015
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Veröffentlicht durch: | Erkältet.info-Redaktion |
Erstellt am: | 14.08.2015 |
Zuletzt aktualisiert am: | 08.11.2017 |
Prüfzyklus: | jährlich |